Warum der PPM-Wert keine eindeutige Aussage über den Rauchgehalt eines Whiskies macht

Wie kommt der Rauch ins Glas?

Soll ein Whisky ein rauchiges Aroma vorweisen, dann wird beim Darren des Malzes zur Befeuerung Torf zugesetzt. Verbrennt dieses unvollständig, d.h. schwelend, dann enstehen nicht vollständig oxidierte organische Verbindungen wie die aromatischen Phenole, die sich an den feuchten Gerstenkörner anhaften. Bedeutende Phenole sind das Phenol selbst, das Guajacol, das Eugenol und die Kresole. Während Phenol und die Kresole als „medizinisch“ beschrieben werden (und Bestandteil von Desinfektionsmitteln sind), gilt Guajakol als „rauchig“ und kommt in der Natur bei geräucherteren Produkten vor. Das Whisky-Liebhaberherz beginnt höher zu schlagen.

Wie wird der Rauchgehalt gemessen?

Will man nun den Rauchgehalts eines Whiskies bestimmen, wird die Konzentration dieser Phenole gemessen . Dies geschieht in heutiger Zeit über einen Hochleistungsflüssigkeitschromatographen. Dieser separiert, identifiziert und quantifiziert die (Haupt-)Inhaltsstoffe eines Stoffgemischs. Für die Bestimmung der Phenole wird das Malz zu Puder zermahlen und in Lösung gegeben. Die erhaltene Stoffmengenkonzentration der einzelnen Verbindungen wird in mol/L angegeben oder vereinfacht in Parts Per Million (ppm). Ein ppm entspricht dann einer Stoffmenge Phenole in einer Gesamtstoffmenge von einer Million.

Wo ist der Haken?

Es gibt bei dieser Angabe gleich mehrere Haken:
Der entscheidendste Punkt ist jedoch, dass sich die Phenol-Konzentration nicht auf den Whisky bezieht, wie er im Glas landet , sondern auf das Malz, aus dem er gemacht wird. Ein Teil der Phenole am Malz geht jedoch über den gesamten Herstellungsprozess des Whiskies verloren. Manche landen zum Beispiel nach dem Maischen im Treber, andere wiederum werden während der Gärung chemisch verändert und maskiert. Die meisten jedoch bleiben bei der Destillation auf der Strecke, da Phenole einen hohen Siedepunkt haben. Guajacol zum Beispiel siedet erst bei ca. 205°C, der Trinkalkohol Ethanol jedoch schon bei ca. 78°C. Der Produktionsprozess ist somit ganz entscheidend, wie viele Phenole letztendlich im Glas landen. Die Herkunft des Torfes, die Darr-Zeit, die Darr-Temperatur, die Gärzeit, die Brennkesselform, die Brenngeschwindigkeit und vor allem die Abtrennung des Nachlaufs beim Feinbrand spielen eine erhebliche Rolle und unterscheiden sich von Destillerie zu Destillerie. So ist nicht verwunderlich, dass die Islay-Brennereien überwiegend bei derselben Großmälzerei (Port Ellen Maltings) ihr teilweise gleich stark getorftes Malz beziehen, der daraus gewonnene Whisky aber unterschiedliche Raucharomen aufweist.

Es gibt noch einen anderen Haken: Die menschliche Geruchsschwelle bzw. gustatorische Wahrnehmung liegt für verschiedene Arten von Phenolen (wie auch für andere aromatischen Verbindungen) unterschiedlich hoch. Eine große Konzentration eines Phenols im Chromatographen muss somit nicht einen gleichbedeutend großen Einfluss auf das Aroma haben. Dies wird im ppm-Wert jedoch nicht berücksichtigt.

Zu allerletzt gilt auch hier das Sprichwort “Wer misst, misst Mist”. Zur Messung der Phenolkonzentration gibt es nicht nur das oben erwähnte
Hochleistungsflüssigkeitschromatographverfahren, sondern z.B. auch die UV-Spektroskopie, die sicherlich andere Messergebnisse liefert. Je nachdem, mit welchem Verfahren die Mälzerei bzw. Brennerei den Phenolgehalt misst, resultiert ein abweichender ppm-Wert.

Was wäre die Lösung?

Eine transparentere Angabe des Rauchgehalts eines Whiskies wäre es, die Konzentration ausgewählter Phenole im Endprodukt, dem Whisky selber zu messen. Diese ist dann erheblich kleiner als die des ursprünglichen Malzes. Als Daumenregel geht man davon aus, dass ca. 35% des ppm-Werts des Gerstenmalzes nach der Fassreifung noch übrig bleibt.
Die Gerste, die für die Herstellung eines Ardbegs dient, hat eine Phenolkonzentration von 54 ppm. Im Feinbrand verbleiben schließlich jedoch nur noch zwischen 17 und 24 ppm. Beim stark getorften BenRiach Curiositas sieht die Gleichung anders aus. Dessen Gerste weist mit 55 ppm einen ähnlichen Wert auf wie der Ardbeg, im New Make sind es aber noch stattliche 35 ppm.

AnCnoc hat für ihre Whiskies Rutter, Flaughter und Tushkar den ppm-Gehalt auf den Phenolgehalt in der Flasche bezogen. Beim Flaughter waren dies zum Beispiel ca. 15 ppm. Dies erscheint auf den ersten Blick ein leicht bis mittel rauchiger Whisky zu sein. Wer ihn schon mal verköstigt hat, der weiß, dass er doch mit den Islay Whiskies mithalten kann. Leider führte diese Transparenz beim Kunden zu Verwirrungen, dass AnCnoc nach einer Erprobungsphase wieder auf den Industriestandard zurückging und den ppm-Wert des Malzes vermarktete. Schade.

Quellen:
http://whiskyscience.blogspot.com/2011/02/peat.html
https://www.whisky-news.com/En/reports/Peat_phenol_ppm.pdf

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